Mein Lieblingsspielzeug neben meinen Stofftieren war die Schaukel, die Sandkiste – Burgen bauen, Staumauern, Gatsch - die Bäume zum Klettern und (Fuß)bälle. Schon im Kindergarten konnte ich mit der Aussage: „Wenn du das nicht tust, bist du nicht mehr meine Freundin!“ nichts anfangen. Die Buben der Nachbarschaft stritten immer, wer beim Fußball im Tor stehen muss, und da hab ich meine Chance ergriffen.
Gott sei Dank schenkten mir meine Eltern eine Autorennbahn, genau so wie Lego oder meine Puppe. Geschlechterrollen waren für mich kein Thema. Doch irgendwann hörte ich: „An dir ist ein Bub verloren gegangen“ oder ähnliches. Beim Fußballverein durfte ich, obwohl ich ganz passabel spielte, nicht dabei sein, weil ich ein Mädchen war. Mir wäre es es reichlich egal gewesen, was für ein Geschlecht ich hatte, wenn ich nur das machen durfte, was ich wollte. Mich nervte das, wenn jemand sagte, das ist typisch für..., oder als Mädchen darfst du nicht…
Während meines Konfirmandenunterrichts, wir mussten noch auswendig lernen, liebte ich das „Was ist das“ von Luther zum ersten Glaubensartikel:
"Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält; dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken, Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter; mit allem, was Not tut für Leib und Leben, mich reichlich und täglich versorgt, in allen Gefahren beschirmt und vor allem Übel behütet und bewahrt; und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit, ohn all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin. Das ist gewisslich wahr.1"
Jetzt wusste ich für mich, alles ist OK. In folge fuhr ich begeistert (Klein)Motorrad, kochte, liebte Technik, fand den Beginn der IT extrem interessant ebenso meine ehrenamtliche Arbeit in der EJ.
Als ich in den 1990er Jahren auf der JKU in Linz Informatik studierte, begannen die „Gender“- Diskussionen. In vielen Vorlesungen war ich die einzige Person weiblichen Geschlechts (zumindest mit dem betreffenden Eintrag in der Geburtsurkunde). Ich hätte mir nichts mehr gewünscht, als auch ein Mann zu sein. Warum? Die Vortragenden wollten es ganz korrekt machen: Ihre Blicke schweiften über den ganzen Hörsaal, wenn ich im Hörsaal anwesend war, wurde mit "sehr geehrte Kollegen und unsere liebe Kollegin" begrüßt, wenn ich, aus welchen Gründen auch immer, nicht anwesend war, nur mit Kollegen. Auch ein Kolleg:innen oder KollegInnen oder Kolleg*innen wäre in einem Raum mit lauter Männern nicht angebracht gewesen. Ich hätte mir nichts mehr gewünscht, als einfach ein Student unter vielen zu sein. Auch fand ich es schrecklich, dass ich mich permanent, gerade unter „Frauen“, für mein angeblich männliches Studium rechtfertigen musste.
Ich bin für mich heute heil froh, mich als Ich bin Ich – Elkobert – gefunden und akzeptiert zu haben, wider allen Schwierigkeiten, hätte ich einen anderen Weg gewählt, hätte ich heute wahrscheinlich keine Kinder und schon gar kein Enkelkind.
Warum Menschen immer katalogisiert werden müssen, oder sich selbst katalogisieren, kann ich nicht verstehen.
Ein Zitat von Richard o Brian, dem Autor der Rocky Horror (Picture) Show:2
„The more you wave your arms around sayng I’m different but I want to be treatet like everybody else, the more seperate you become; the call for freedom becomes a form of isolation.“
Im Vergleich der Menschenrechte mit dem „Was ist das“ des ersten Glaubensartikels, ist unter vielem anderen zu erkennen: Menschen sind vernunftbegabt!
Also, dann sei vernünftig und höre auf den Quakfrosch (auch wenn dieser den anderen die Vernunft wieder abspricht):
„Du bist du!3
Und wer das nicht weiß,
ist dumm.
Bumm.
1 Variante, wie sie heute im gültigen EKG zu finden ist, ich lernte sie noch anders. Zur Erläuterung Luther hatte ein Weib, und ich kann mir unter väterlicher Güte sehr viel vorstellen! Was nicht heißt, dass es auch mütterliche Güte gibt!
2 Übernommen aus einem Programmheft zum Musical irgendwann in den 1990ern.
3 Materialtip zum Thema:
Ich bin ich von Mira Lobe
Auf der bunten Blumenwiese geht ein buntes Tier spazieren… wer den Text nicht kennt, möge bitte das Buch aus dem Jahr 1972 lesen, es ist ein Buch ab 2 Jahren, und das passt perfekt, alle Lebensphasen, von der Trotzphase bis zur Pubertät und weit über die Midlife-Crisis hinaus.
Die Selbstfindung, die Selbstwahrnehmung, das „dazu gehören wollen“, „so sein wie die anderen“, Ausgrenzung und ähnliches ist in allen Altersgruppen ein Thema.
ISBN 3-7026-4850-X
Video: https://www.youtube.com/watch?v=-ECcl8frwGs
Lied: Du bist du: https://www.youtube.com/watch?v=mOhBuLlIaC4