Dass im Jahr 2024 ein offensichtlicher Mann bei den Olympischen Spielen Frauen beim Boxen so richtig vermöbeln konnte, ist keine spontane Entwicklung. Den Grundstein dafür legte die Philosophin Judith Butler irgendwann in den 1990er Jahren, indem sie behauptete, dass das Geschlecht ein soziales Konstrukt sei und beliebig veränderbar. Unter dem Applaus des woken Feminismus 2.0, der mit dem Feminismus der früheren Jahrzehnte leider nicht mehr viel gemein hat, durfte diese „Boxerin“ die Goldmedaille entgegen nehmen oder – vermutlich besser ausgedrückt – den Frauen stehlen.
Auch in anderen Damen-Disziplinen konnten „Transfrauen“, wie sich diese Männer nennen, in den letzten Jahren zahlreiche Rekorde brechen, während man begonnen hat, den Frauen Schritt für Schritt die Rückzugs- und Schutzräume zu nehmen und ihre Toiletten für alle zu öffnen. Parallel dazu werden verdiente Feministinnen wie Alice Schwarzer beschimpft, erfolgreiche Autorinnen wie J.K. Rowling bedroht und engagierte Biologinnen wie Marie-Luise Vollbrecht gecancelt, weil sie diese Entwicklung kritisieren. Auch Hodenverletzungen im Frauensport haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.
Wer jetzt glaubt, hier im falschen Film zu sein, den muss ich leider enttäuschen.
Unter massivem Lobbying diverser „Queer“-Organisationen, aber auch Regierungen mit linker oder grüner Beteiligung, linkslastigen NGOs oder dem universitären Milieu hat sich ein Virus verbreitet, das gemeinhin als Woke-Virus bezeichnet wird. Dass sich ein Großteil der Bevölkerung mit diesem Virus nicht infizieren möchte, hält diese Leute nicht davon ab, mit Sprachregelungen die Gesellschaft von oben herab verändern zu wollen.
Dass dies oft unter Zwang passiert, konnte man beispielsweise beim Verein für Konsumenteninformation sehen, der sich in seiner Zeitschrift „Konsument“ dafür entschuldigend rechtfertigt, auf Grund von Vorgaben aus dem (grünen) Sozialministerium nun gendern zu müssen, um Förderungen nicht zu verlieren. Der verpflichtende Genderleitfaden aus dem (ebenso grünen) Klimaministerium mit teilweise absurden Schreib- und Sprachregeln wurde geleakt und bereits zum Gaudium der Bevölkerung in etlichen Medien zitiert und ich gehe davon aus, dass sich die staatsnahe ÖBB mit Durchsagen wie dem „Kund-Pause-Innenservice“ nicht ganz freiwillig zum Trottel macht.
An Wahlergebnissen ist deutlich zu erkennen, was die Menschen von all dem halten, denn rechte Parteien, die die woke Agenda unüberhörbar ablehnen, haben inzwischen fast überall starken Aufwind bekommen. Wobei: das Links-Rechts-Schema sollte hier durchaus hinterfragt werden, denn während sich linke Gruppen den Feminismus an die Regenbogenfahnen heften, sind es vor allem die rechten Parteien, die überhaupt noch wissen, was eine Frau ist. Mütter als „gebärende“ oder Frauen als „menstruierende Personen“ zu bezeichnen, wird eigentlich nur noch von „Elter 1“ und „Elter 2“ übertroffen – und das ist leider nicht einmal irgendwie ironisch gemeint.
Dass sich Sprache im Laufe der Zeit verändert, ist unverkennbar richtig, dass sie von oben mit Vehemenz an eine Ideologie angepasst wird, hat mit dem natürlichen Sprachwandel allerdings wenig zu tun. Hat man anfangs noch versucht, mit dem Binnen-I Frauen und Männer abzubilden, folgten bald andere Formen, wie Unterstriche, Doppelpunkte oder Sterne. Schließlich verbreitete sich ja in manchen Kreisen die Behauptung, das Geschlecht wäre ein „Spektrum“ und gar nicht binär, und das müsse ja auch noch irgendwo abgebildet werden. Unter normalen Umständen würde dies wohl sofort ins Reich irgendwelcher kruden Verschwörungstheorien verbannt werden, gleich neben Chemtrails oder der Hohlerde, hier aber sind die Gendersternchen ein Kniefall vor dieser Ideologie.
Die dazu passende Studie von Claire Ainsworth aus der biologischen Fachzeitschrift „Nature“ wird zwar gerne als Beweis für diese Behauptung herangezogen, dass die Autorin selbst dies auf Nachfrage klärend in Abrede gestellt hat und klar und deutlich darauf hinweist, dass es natürlich nur zwei Geschlechter gibt, diese aber ein gewisses Spektrum an Variationen in Anatomie und Physiologie aufweisen, hat dann allerdings schon keinen mehr aus der Gender-Blase interessiert, obwohl das die meisten Menschen wohl sofort unterschreiben würden.
Die Lesbarkeit mancher Texte wurde durch die grammatikalisch falschen und immer verhaltensoriginelleren Formen immer schlechter, Warnungen von Linguisten und Germanisten wurden ebenso ignoriert, wie die der Betroffenen. Vor allem Personen mit Sehbehinderungen, Legastheniker, Autisten oder einfach nur Personen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, können Probleme beim Lesen und Verstehen haben. Dazu kommt noch die große Mehrheit, die einfach nicht angegendert werden möchte. Einer Ideologie kann man allerdings leider schwer mit Fakten kontern.
Ich selbst habe begonnen, gegenderte Texte nicht mehr zu lesen. Einerseits geht es mir inzwischen schlicht und einfach auf die Nerven, mich durch irgendwelche Phantasieschreibweisen zu plagen, andererseits machte ich die Beobachtung, dass gegenderte Texte ohnehin oft eine stark ideologische Schlagseite haben. Ich habe mich von allen NGOs, die begonnen haben zu gendern, als Unterstützer verabschiedet, und eine Zeitschrift, die ich bis zur Übernahme durch eine junge Chefredakteurin gerne gelesen habe, abbestellt, als sie bedauerlicherweise auf Gendersternchen-Schreibweise umgestellt hat.
Da ich schon jahrelang Abonnent war, hat sich besagte Redakteurin tatsächlich die Mühe gemacht, mich persönlich anzuschreiben und mir zu erklären, warum die Gendersternchen wichtig sind. Ihr Text war ein wahres Feuerwerk an üblichen Phrasen und Behauptungen, die ich in Diskussionen zu dem Thema immer wieder hören darf. Da durfte die berühmte Studie mit der Frage „Nennen Sie drei Schauspieler!“ ebenso nicht fehlen, wie die Behauptung, dass die „geschlechtsneutrale“ Sprache die Wirklichkeit verändere. Wäre das so, wäre der persische Raum mit seiner geschlechtsneutralen Sprache das reinste Paradies für Frauen. Oder die Türkei.
Diese immer wieder erwähnte „Studie“ hingegen, die irgendwas beweisen sollte, was wir uns bei irgendwelchen Worten angeblich vorstellen, hatte – wie ein engagierter Blogger einmal dankenswerterweise genauer nachgeforscht hat – weder wissenschaftlichen Charakter noch eine ernstzunehmende Sample Rate. Diese lag unter 20 Probanden und wurde im Gender Studies-Milieu durchgeführt, wo es wohl bereits eine gewisse Erwartungshaltung an das Ergebnis gab. Auch Linguisten haben diese (und nachfolgende ähnliche) Befragungen als völlig unwissenschaftlich kritisiert, da die Bedeutung von Worten und Texten nicht an einzelnen Sätzen festgemacht werden kann, sondern üblicherweise aus dem Zusammenhang abgeleitet wird.
Der Satz „Da drüben ist eine Bank“ wird erst durch den Kontext richtig erfassbar, je nachdem ob ich zuvor müde bin oder Geld brauche. Auch das oft verwendete Wort „Tag“ kann 24 Stunden oder eben nur die Zeit bedeuten, wenn die Sonne am Himmel steht. Im Normalfall ist jedem die Semantik dieses Wortes klar. Ähnlich ist es bei Begriffen wie Lehrer, Führungskraft oder Opfer, wo man erst durch den Zusammenhang weiß, wer oder was genau gemeint ist. Opfer könnten beispielsweise auch Tiere sein.
Als vor rund zwei Jahren beim Konfirmationsgottesdienst meines Patenkindes permanent von Konfirmand-Pause-Innen, Christ-Pause-Innen und Jünger-Pause-Innen die Rede war, hat es mir dann auch hier gereicht. Das war mein letzter Besuch eines evangelischen Gottesdienstes, denn das ideologisch motivierte und aufdringliche „betreute Sprechen“ interessiert mich einfach nicht mehr. Das hat keinen Mehrwert und triggert mich inzwischen massiv, auch, weil mir die Ideologie dahinter – Stichwort Boxerin – allzu bewusst ist. Zumindest wurden die gesungenen Liedtexte im Original belassen und nicht auch noch verhundst, aber wer weiß, was manchen da noch alles einfällt. Schließlich wird ja auch schon versucht, „verbotene Worte“ wie Oberindianer oder Mohrenkopf aus Schlagertexten zu canceln.
In der Corona Zeit erfolgte die Kommunikation mit der Evangelischen Kirche großteils schriftlich durch Zusendungen. Bereits damals hat es mich gestört, dass inzwischen jeder noch so kleine Zettel gegendert ist, und ich habe auch ein paar Gespräche darüber mit Kuratoren, Pfarrern oder sonstigen Amtsträgern geführt. Ich musste leider rasch erkennen, dass der immer wieder vorgegebene Wunsch, mit der Gendersprache ALLE ansprechen zu wollen, sofort nicht mehr so groß war, wenn ich erklärte, dass ICH mich hier nicht mehr angesprochen fühle. Die Sachebene hat beim Genderthema schon nicht funktioniert, bei der Gefühlsebene war es nicht anders. Die Ideologie steht über allem. Der Begriff „Gender“ ist zu einem ideologischen Kampfbegriff verkommen, der leider den Blick verstellt.
Wie massiv diese Ideologie die Kirche inzwischen infiltriert hat, habe ich auch in verschiedenen Medien lesen können. Plötzlich ist Gott angeblich „queer“ und Jesus möglicherweise „nonbinär“, parallel dazu sind die Kirchenaustritte allerdings ziemlich sicher trans – also weit jenseits. Dass der Heilige Geist bisher weitgehend verschont geblieben ist, ist wohl dem Umstand zu verdanken, dass er, oder besser sie, in der hebräischen Übersetzung weiblich ist, also DIE Ruach.
Wer sich jetzt vielleicht fragt, wie sich mit diesem Wissen die Schwangerschaft Marias mit der Textzeile „empfangen durch den Heiligen Geist“ im Glaubensbekenntnis ausgeht, für diejenigen habe ich einen guten Tipp parat: das biologische Geschlecht (Sexus) und das grammatikalische Geschlecht (Genus) sind voneinander unabhängig. Es kann also die Wache durchaus männlich sein, das Model oder der Babysitter durchaus auch weiblich.
Wenn sich Männer Röcke anziehen und die Nägel lackieren oder Frauen burschikose kurze Haare tragen, brechen sie erfreulicherweise typische Rollenklischees auf. Sie werden dadurch aber nicht plötzlich zum anderen Geschlecht! Schwierig wird es für mich, wenn ich gesetzlich und unter hoher Strafandrohung dazu gezwungen werde, so zu tun und handeln, als wäre ein offensichtlicher Mann eine Frau oder umgekehrt, nur weil das behauptet wird.
Wieder im falschen Film? Nein, auch hier nicht, in einigen Ländern ist die Verleugnung der Realität bereits gesetzlich umgesetzt, beispielsweise in Deutschland, wo man seit kurzem mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ sein Geschlecht ohne jegliche Hürde jederzeit „ändern” kann. Auf dem Kontaktformular der wohl nicht zufällig gescheiterten US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hingegen konnte man sogar allen Ernstens aus neun verschiedenen völlig absurden „Pronomen“ auswählen, damit ihr Team die selbst erfundenen Geschlechter auch korrekt ansprechen kann!
Das alles erinnert sehr stark an Orwells „Ministerium für Wahrheit” aus der Dystopie „1984”. Die dazu passende Umgestaltung der normalen Sprache hat er in seinem bedeutenden Werk wenig positiv aber sehr treffend als „Neusprech” bezeichnet. Vielleicht sollten wir uns dieser erschreckenden Entwicklung viel mehr bewusst sein.
Gegen Ende meines Textes noch ein kurzer Abstecher in die Politik, denn diese macht ja diese Gesetze. Ich habe einmal vor etlichen Jahren einen guten Freund aus Ungarn gefragt, wie Orban dort eigentlich an die Macht gekommen ist. Er, damals selbst zwei Kinder in der Volksschule, erklärte mir, dass die Kinder eines Tages nach Hause gekommen sind und behauptet haben, sie können jeden Tag ein anderes Geschlecht haben. Einmal ein Mädchen, dann wieder ein Bub, so wie sie grad wollen. Es dauerte nicht lange, da waren die Eltern in der Schule, um sich zu erkundigen, wo dieser Bullshit eigentlich herkommt und dass man es bitte unterlassen solle, schon die Kinder mit der Genderideologie zu indoktrinieren.
Lehrer und Direktoren bedauerten, dass sie leider nichts machen können, denn dieser Lehrplan komme von ganz ganz oben, also aus dem Ministerium. Orban brauchte damals nur sagen, er stelle das ab, wenn er die Ministerien innehaben sollte, und so war es dann auch. Er sitzt seit vielen Jahren als Ministerpräsident fest im Sattel.
In Deutschland sind nach dem kläglichen Scheitern der Ampelregierung bald Neuwahlen. Die AfD hat bereits den Kampf gegen den „woken linken Genderquatsch” an den Schulen angekündigt. Ich gehe davon aus, dass auch sie damit ziemliche Erfolge einfahren wird. So gesehen verändert die Gendersprache tatsächlich was, nur halt anders als von den Sprachgouvernanten und selbsternannten Moralinstanzen geplant.
Bei der abschließenden Suche nach einer Antwort auf die Frage, was das Gendern überhaupt für einen Sinn hat, wurde ich inzwischen auch fündig. Es will ja kaum einer, es bringt praktisch nichts, es verfestigt Klischees anstatt sie aufzubrechen und es verschandelt obendrein ganz ordentlich die Sprache. Gendern ist wohl nichts anderes als „virtue signalling“ innerhalb der eigenen Blase. Das Grüßen des Geßlerhutes. Ein selbst verliehenes Abzeichen für die eigene political correctness, das anderen beim Lesen gleich ungefragt aufgedrängt wird. Und natürlich ist das Gendern das Bekenntnis, zu den „Guten“ zu gehören, während alle anderen, die nicht gendern, logischerweise nur irgendwelche rückständige „Rechte“ sein können.
Ja, so wurde ich wegen meiner Ansichten zur Genderideologie tatsächlich auch schon lautstark bezeichnet und jeder, der mich kennt, weiß, was für ein Blödsinn das ist! Anfangs hat es mich gestört, inzwischen empfinde ich es fast schon als Lob. Die Einteilung in ein Links-Rechts-Schema ist ja – wie anfangs schon erwähnt – meiner Meinung nach ohnehin mittlerweile recht willkürlich. Dafür weiß ich wenigstens noch, was eine Frau ist, und das ist heutzutage auch schon viel wert.
Michael Dufek war über 20 Jahre lang ehrenamtlich in der evangelischen Kirche engagiert, zeichnet gelegentlich Cartoons, macht gelegentlich Musik und geht gelegentlich auch einem seriösen Beruf nach