Während die Nationalsozialisten ihre Macht und ihr „drittes Reich“ ausbauten und zahlreiche Staatsstreiche Europa erschütterten, erfuhr auch Österreich mit dem Februaraufstand 1934 einen Ausbruch an Gewalt, bevor mit der Maiverfassung die Zeit des Austrofaschismus eingeläutet wurde.
Inmitten all dieser Ereignisse gründete am 20. Mai 1934 der Landesjugendpfarrer Georg Traar ein Jugendwerk in Amstetten, das sukzessive aufgebaut wurde, um Kindern und Jugendlichen Bildungs- und Freizeitangebote im Rahmen der Vermittlung christlicher Werte zu machen.
Nach seiner Neugründung 1946 entwickelte sich das Jugendwerk stetig weiter, wuchs, veränderte und etablierte sich. Heute ist die EJÖ landesweit und über die Grenzen hinaus vernetzt, mit knapp 80.000 Mitgliedern, ca. 2.700 ehren-, neben-, und hauptamtlichen Mitarbeiter:innen und einer Burg!
Regelmäßige Angebote, Freizeiten, Konzerte und Sommerfeste bringen alte und neue Gesichter zusammen; Kennenlernen, Austausch, Diskutieren, Feiern, Glauben, all das und mehr versuchen wir zu verbinden, um unserem Auftrag, „Kinder und Jugendliche um das Evangelium von Jesus Christus zu sammeln, zu evangelischer Lebensgestaltung und damit zu diakonischem und missionarischem Dienst einzuladen und zu befähigen“[1], gerecht zu werden. Eine Vielfalt an Menschen mit unterschiedlichsten Geschichten bereichert uns, und wir bemühen uns sichere Anlaufstelle, Hafen, „dahoam“ für jede:n zu sein – vor 90 Jahren noch schwer denkbar.
Wir wurden nicht als „Reformprogramm“, als „Widerstandsgruppe“ gegründet und sicherlich gab es auch in unseren Reihen etliche, die mit den politischen Geschehen der Zeit d’accord waren – eine bittere, eine unbequeme, aber sicherlich nicht realitätsferne Einsicht. Seither ist die Welt in vielen Dingen eine bessere geworden, doch auch heutzutage werden wir vor Herausforderungen gestellt – als Bürger:innen Österreichs, Europas, der Welt, als Christ:innen.
Wir erleben Tumult in der eigenen Politik, erschreckende Tendenzen hier und in Nachbarländern, die wir vor 79 Jahren überwunden zu haben hofften, Kriege, die ebenso unnötig wie vermeidbar sind und Gesellschaft(en) entzweien, unterschiedliche Standpunkte in den eigenen Reihen.
In einer global vernetzten Welt, in der viele Stimmen laut werden, aber nur einige davon sinnvoll zum Diskurs beitragen, stehen wir – wie jeder andere Mensch – vor der Frage: Was glaube ich?
Zumindest diese Frage können wir beantworten: „Ich glaube an den einen Gott, der die Welt so sehr liebte, dass er ihr seinen einzigen Sohn opferte, der die Fehler und Verbrechen dieser Welt auf sich nahm, um sie an den Ort ohne Wiederkehr zu tragen und den Tod selbst besiegte, um uns das ewige Leben zu schenken, nicht aus Erwartung einer Gegenleistung, sondern aus Liebe.“
Uns ist aufgetragen, aus dieser Liebe, die selbst Glaube und Hoffnung übersteigt,[2] eine:n jede:n anzunehmen, wie Christus uns angenommen hat,[3] denn im Glauben an ihn und in der Liebe zu ihm sind alle Unterschiede überwunden.[4]
In dieser Überzeugung können wir Vorbild, Unterstützung, gar Gegenpol sein und dazu beitragen, dass unsere Zukunft sicherer ist als unser Anfang.
Blicken wir zuversichtlich und freudig auf weitere 90 Jahre, auf das was sie bringen mögen und das, was wir – als EJÖ – in ihnen bewirken können.
[1] §1/1 Ordnung der EJÖ
[2] Vgl. 1 Kor 13,13
[3] Vgl. Röm 15,7
[4] Vgl. Gal 3,28